Neben den regulären Filmbesprechungen, welche hier auf wordspersecond. erscheinen, veröffentliche ich zusätzlich auf Letterboxd und Moviepilot zumeist etwas kürzere Reviews. Die seither erschienenen Kurzreviews werden nachträglich noch einmal gebündelt und jeden letzten Freitag im Monat unter der Rubrik monthly shorts. auf diesem Blog veröffentlicht werden.

DIE KÄNGURU-CHRONIKEN
OT: DIE KÄNGURU-CHRONIKEN | Land & Jahr: GER, 2020 | Regie: Dani Levy | Darsteller:innen: Dimitrij Schaad, Volker Zack, Rosalie Thomass u.a. | Freigabe: FSK 0 | Laufzeit: ca. 92 min
WITZIG oder NICHT WITZIG? Das ist hier die Frage!
Als ich das erste Mal mit den verrückten Känguru-Geschichten von Marc-Uwe Kling in Berührung kam, war ich sofort ein Fan. Für all jene, die nicht wissen, worum es geht, hier eine sehr kurze Inhaltsangabe:
Ein in den Tag hinein lebender Kleinkünstler namens Marc-Uwe Kling trifft auf ein vorlautes, kommunistisches Känguru. Kurzerhand zieht das Känguru bei Marc-Uwe Kling ein, was den Kleinkünstler mit Migräne-Hintergrund dazu veranlasst, fortan alle Geschichten, die die beiden gemeinsam erleben, niederzuschreiben.
Klingt komisch? Ist es auch. Oder um es mit anderen Worten zu sagen, die aberwitzigen Stories sind: „Frisch, frech und völlig absurd.“
Nachdem die ersten Episoden über Radio Fritz gesendet wurden, folgte bald das erste (Hör-)Buch. Aus einem (Hör-)Buch wurden irgendwann vier und schließlich folgte sogar ein Kinofilm, welcher 2020 in die beginnende Corona-Pandemie hinein veröffentlicht wurde. Und tatsächlich war DIE KÄNGURU-CHRONIKEN sogar der letzte Film, welchen ich seitdem im Kino gesehen habe.
Als verkündet wurde, dass es einen Känguru-Film geben solle, war ich genauso gespannt und erfreut wie skeptisch. Ein deutscher Film? Ein animiertes Känguru? Ein anderer Schauspieler für Marc-Uwe Kling als Marc-Uwe Kling selbst? Kann das funktionieren? Nun ja, man könnte sagen: „Entweder man liebt den Film oder man hasst den Film. Oder man findet ihn mittelmäßig.“
Ja, der Film ist dann doch (zumindest stilistisch) eine eher fast schon typisch deutsche Komödie. Und klar, wirklich großes Kino ist das nicht. Und ja klar, das Ergebnis wird der (Hör-)Buch-Vorlage nicht ganz gerecht. Etwas zu lieb, etwas zu flach und etwas zu zahm. Und tatsächlich wurde der Film im Großen und Ganzen mit eher gemischten Gefühlen aufgenommen. Ich muss allerdings gestehen, dass ich positiv überrascht wurde und durchaus meinen Spaß mit dem Film hatte. Und nicht nur ich, auch alle anderen, die den Film zur gleichen Zeit im gleichen Kino geschaut hatten, hatten ihre Freude an dem Film. Selbst als ich ihn mir jetzt ein zweites Mal auf dem heimischen Fernseher angesehen habe, fühlte ich mich immer noch gut unterhalten.
Für die Handlung wurden bekannte Elemente aus den (Hör-)Büchern genommen und mit neuen Elementen kombiniert. Zwar wurden einzelne Episoden der Reihe in das Drehbuch eingearbeitet, aber dennoch wird eine eigene Geschichte erzählt, wodurch der Film zumindest ein wenig Eigenständigkeit erlangt und eine gewisse Daseinsberechtigung erfährt. Soll heißen: Wenn dir der Film nicht gefällt, kannst du auch einfach bei den (Hör-)Büchern bleiben, ohne etwas zu verpassen. Und wenn er dir doch gefällt, dann hast du mit dem Film eben ein kleines, zusätzliches Special.
Das Känguru ist wirklich sehr gut animiert und wirkt nie wie ein Fremdkörper. Dimitrij Schaad verleiht der Figur des verpeilten Kleinkünstlers eine tolpatschig-knuffige Note, was zwar etwas im Kontrast zur eher mürrischen Art von Marc-Uwe Klings Marc-Uwe Kling-Interpretation aus den Hörbüchern steht, die Figur für das gemeine Kinopublikum aber zugänglicher macht. Die Chemie zwischen Känguru und Kleinkünstler stimmt, die Nebenfiguren sind schön schräg und der Humor ist stets anarchisch.
Zwar ist DIE KÄNGURU-CHRONIKEN nicht frei von Makeln und ich würde auch keine uneingeschränkte Sehempfehlung für den Film aussprechen, aber er hat das Herz am rechten (bzw. linken) Fleck. All jene, die sich in einem politischen Spektrum irgendwo zwischen „gemäßigt sozial-demokratisch“ und „links außen“ einordnen würden, dürfen gerne einen Blick riskieren.
WITZIG!
BEWERTUNG
Letterboxd: 3,5 von 5
Moviepilot: 7 von 10 (Sehenswert)

MAYHEM
OT: MAYHEM | Land & Jahr: USA, 2017 | Regie: Joe Lynch | Darsteller:innen: Steven Yeun, Samara Weaving, Caroline Chikezie u.a. | Freigabe: FSK 18 | Laufzeit: ca. 86 min
Temporeich inszeniert, mit dunklem Humor und teils drastischer Gewaltdarstellung. Die dezent anklingenden gesellschaftskritischen Töne werden zwar schnell in Blut ertränkt, aber dennoch ist MAYHEM ein brutaler, sehr unterhaltsamer Filmspaß.
BEWERTUNG
Letterboxd: 3,5 von 5
Moviepilot: 7 von 10 (Sehenswert)

NIGHT IN PARADISE
OT: NAGWONUI BAM | Land & Jahr: KOR, 2020 | Regie: Park Hoon-jung | Darsteller:innen: Eom Tae-goo, Jeon Yeo-been, Cha Seung-won u.a. | Freigabe: ab 18 Jahren | Laufzeit: ca. 131 min
Gangsterfilm, eigenwillige Romanze und Rache-Thriller zugleich, wobei im Kern immer noch schlicht eine Tragödie – der südkoreanische Netflix-Film NIGHT IN PARADISE ist ein kuntergrauer Genre-Mix.
Um seine Geschichte zu erzählen, greift Drehbuchautor und Regisseur Park Hoon-jung auf das stilistische Mittel des Kontrasts zurück. Momente der Ruhe und Stille wechseln sich ab mit brachialer Action. Auf einen Augenblick des Glücks folgt die geballte Hoffnungslosigkeit der (Film-)Realität. Eine aufkeimende Beziehung, die der Grausamkeit der Welt trotzen muss. Diese Gegensätze verleihen dem Film eine bittersüße Poesie. Nur manchmal wird etwas zu dick aufgetragen und dieses Stilmittel zu sehr ausgereizt.
Was NIGHT IN PARADISE ebenfalls angelastet werden kann, ist, dass er etwas zu langatmig geraten ist. So fühlen sich die zwei Stunden und elf Minuten im Grunde fast wie drei Stunden an. Dem entgegen steht jedoch die perfekt getimte Action, eine wunderschöne Bildsprache, welche in diesen Zeiten das Kino noch einmal mehr schmerzlich vermissen lässt, sowie ein Soundtrack, der jeden einzelnen Augenblick auf akustischer Ebene perfekt untermalt.
Schlussendlich ist NIGHT IN PARADISE zwar kein makelloser Film, aber er schafft es dennoch Eindruck zu hinterlassen und nachzuwirken.
BEWERTUNG
Letterboxd: 3,5 von 5
Moviepilot: 7 von 10 (Sehenswert)

GUNS AKIMBO
OT: GUNS AKIMBO | Land & Jahr: NZL, UK, GER, 2020 | Regie: Jason Lei Howden | Darsteller:innen: Daniel Radcliffe, Samara Weaving, Ned Dennehy u.a. | Freigabe: FSK 18 | Laufzeit: ca. 95 min
GUNS AKIMBO ist der x-te Film, bei dem Verbrecher:innen in einem gefährlichen Spiel gegeneinander antreten und sich gegenseitig töten müssen. Und natürlich wird auch noch ein unbescholtener Loser aufgrund eines dummen Zufalls Teil dieses Spiels. Dieser hatte zwar noch nie zuvor in seinem Leben eine Waffe in der Hand, muss sich nun aber fortan behaupten, um am Leben zu bleiben. Das wurde zwar schon unzählige Male so oder so ähnlich erzählt und verfilmt, aber dennoch weiß GUNS AKIMBO zu weiten Teilen zu unterhalten – genügend Ironie, Blut und Blei sei Dank.
BEWERTUNG
Letterboxd: 3,5 von 5
Moviepilot: 7 von 10 (Sehenswert)

LOGAN LUCKY
OT: LOGAN LUCKY | Land & Jahr: USA, 2017 | Regie: Steven Soderbergh | Darsteller:innen: Channing Tatum, Adam Driver, Riley Keough u.a. | Freigabe: FSK 12 | Laufzeit: ca. 119 min
Steven Soderbergh kennt sich bestens aus im Genre des Heist-Movies. Und so hat er auch den Raubüberfall in LOGAN LUCKY ganz routiniert, mit sehr viel Witz und Charme inszeniert. Zwar scheint der Coup hier und da etwas zu leicht über die Bühne zu gehen, aber die vermeintlichen Loser-Figuren sind einfach viel zu verschroben-sympathisch, als dass es dem Film wirklich übel zu nehmen wäre, dass offenbar selbst das Drehbuch ihnen die Daumen gedrückt hält und vermutlich deshalb den einen oder anderen glücklichen Zufall in die Handlung hineingeschrieben hat.
BEWERTUNG
Letterboxd: 4 von 5
Moviepilot: 8 von 10 (Ausgezeichnet)

THE BOYS IN THE BAND
OT: THE BOYS IN THE BAND | Land & Jahr: USA, 2020 | Regie: Joe Mantello | Darsteller:innen: Jim Parsons, Matt Bomer, Zachary Quinto u.a. | Freigabe: ab 12 Jahren | Laufzeit: ca. 121 min
Sieben Freunde finden zusammen, um einen Geburtstag zu feiern. Eigentlich soll es ein vergnügter Abend werden, doch zwischen den Freunden entstehen immer wieder Spannungen. Kurze Wortgefechte werden ausgetragen, Seitenhiebe ausgeteilt, Gift und Galle gespuckt. Als dann auch noch ein weiterer Gast unvermittelt eintrifft, vor dem der Gastgeber vergeblich seine sexuelle Orientierung sowie die seiner Freunde zu verbergen versucht, und es anschließend auch noch in Strömen zu regnen beginnt, woraufhin die Meute dazu gezwungen ist, sich in die kleine Wohnung zurückzuziehen, droht die Party vollends zu crashen und die Situation zu eskalieren.
In THE BOYS IN THE BAND wird zwar sehr viel geredet, jedoch wird der Film zum Glück von den vielschichtigen Charakeren, dem großartigen Schauspiel aller Beteiligten und den scharfsinnigen Dialogen getragen. Dabei fühlt es sich auch nicht so an, als folge die Handlung einfach einem bestimmten Schema. Es hat den Eindruck, als werde lediglich der Ausschnitt eines Abends gezeigt. Alle Ereignisse geschehen nun einmal so, wie sie eben geschehen. Das Dargebotene wird dabei zu keinem Zeitpunkt langweilig und es entwickelt sich eine dichte Atmosphäre in diesem Kammerspiel.
Die Handlung des 2020 erschienenen NETFLIX-Films spielt zwar im Jahr 1968 und basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück aus eben jenem Jahr, doch die Thematik hat nach wie vor nichts an Aktualität verloren. Leider. Denn es geht um die Akzeptanz des vermeintlich ‚Anderen‘ in einer heteronormativen Gesellschaft. Und damit verbunden geht es auch um den Umgang mit der eigenen ‚Andersartigkeit‘. Während manche zu dem Punkt gelangen, das ‚Ich‘ zu akzeptieren, führen andere einen ewig währenden inneren Kampf. Und bedauernswert ist, dass sich dieser Umstand auch 2021 noch nicht geändert hat. Das ist schlussendlich aber eine Kritik an unserer Gesellschaft und nicht am Film. Denn dieser ist absolut relevant und allemal sehenswert!
BEWERTUNG
Letterboxd: 4 von 5
Moviepilot: 8 von 10 (Ausgezeichnet)

TUCKER AND DALE VS. EVIL
OT: TUCKER AND DALE VS. EVIL | Land & Jahr: CAN, 2010 | Regie: Eli Craig | Darsteller:innen: Tyler Labine, Alan Tudyk, Katrina Bowden u.a. | Freigabe: FSK 16 | Laufzeit: ca. 89 min
Was muss über diesen Film noch großartig gesagt werden? Im Grunde nicht mehr viel.
TUCKER AND DALE VS. EVIL ist eine (fast) perfekte Parodie auf Backwoods Slacher-Filme, welche bestehende Genre-Konventionen auf erfrischend intelligente Art und Weise auf‘s Korn nimmt und selbst nach dem zigsten Re-Watch immer noch bestens zu unterhalten weiß.
Einziger Mini-Minuspunkt: Hier und da hätte der Film ruhig etwas unheimlicher sein können.
Aber mal abgesehen davon ist TUCKER AND DALE VS. EVIL – neben SHAUN OF THE DEAD – für mich wohl einer der besten Horrorkomödien.
BEWERTUNG
Letterboxd: 4 von 5
Moviepilot: 8 von 10 (Ausgezeichnet)

ONCE UPON A TIME… IN HOLLYWOOD
OT: ONCE UPON A TIME… IN HOLLYWOOD | Land & Jahr: USA, UK, CHN 2019 | Regie: Quentin Tarantino | Darsteller:innen: Leonardo DiCaprio, Brad Pitt, Margot Robbie u.a. | Freigabe: FSK 16 | Laufzeit: ca. 161 min
Bei Quentin Tarantinos Filmen scheiden sich die Geister. Dies mag mitunter auch an der medialen Persona des Filmemachers liegen – selbstgerecht, selbstverliebt und selbstreferenziell. Und diese Vibes werden auch in seinen Filmen transportiert. Gerade in seinem bis dato letzten Film ONCE UPON A TIME… IN HOLLYWOOD stellt Quentin Tarantino sein riesiges Ego zur Schau.
Aber immer der Reihe nach. Worum geht es denn eigentlich?
Es geht um einen Schauspieler und einen Stuntman, deren Karrieren sich auf dem absteigenden Ast befinden. Es geht um eine junge Schauspielerin, deren Karriere gerade erst Fahrt aufnimmt. Es geht um eine Gruppe vermeintlicher Hippies, die sich in einer Kommune zusammengefunden haben und sich eine neue Weltordnung herbeisehnen. Und es geht um das Hollywood der späten 60er Jahre. Es ist eine Liebeserklärung an den Film, an das Kino.
Um ONCE UPON A TIME… IN HOLLYWOOD vollends greifen zu können, ist das nötige Hintergrundwissen über den zeitgeschichtlichen Kontext von Nöten. Andernfalls kann es sicherlich etwas schwierig werden, dem Film etwas abzugewinnen. Zudem benötigt es Geduld und Sitzfleisch sowie ein grundlegendes Interesse am Hollywood-Glamour, um der sich gemächlich entfaltenden Geschichte folgen zu wollen.
Wie bei Tarantinos Filmen üblich, geschieht hier Vieles abseits der eigentlichen Handlung. Figuren unterhalten sich über dies und das, dann geschieht jenes und all das dient vielmehr dem ‚Worldbuilding‘ und der Charakterzeichnung, als dass es die eigentliche Handlung vorantreiben würde. Der Film ist sperrig, nicht jeder Person dürfte es leicht fallen einen Zugang zu finden. Aber auch das ist typisch Tarantino. Wäre das Ganze dabei nicht so gut geschrieben, es wäre gähnend langweilig – wobei das, wie auch bei allen anderen Tarantino-Filmen, wohl reine Geschmackssache ist.
ONCE UPON A TIME… IN HOLLYWOOD ist Quentin Tarantinos neunter Film. Theoretisch soll es noch einen zehnten geben, dann wäre laut eigener Aussage wohl Schluss – was auch immer das heißen mag. Allerdings bleibt die Frage, was da noch kommen soll? Denn einen ‚Tarantino-eskeren‘ Film als ONCE UPON A TIME… IN HOLLYWOOD kann es im Grunde gar nicht mehr geben.
BEWERTUNG
Letterboxd: 4 von 5
Moviepilot: 8 von 10