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SAND IM (FILM)GETRIEBE.
Bereits dreimal gab es in der Vergangenheit Bestrebungen, Frank Herberts Science-Fiction Roman DUNE (1965) zu verfilmen. 1984 erschien David Lynchs Kinofilm DER WÜSTENPLANET (OT: DUNE) und 2000 folgte die Mini-Serie DUNE – DER WÜSTENPLANET (OT: FRANK HERBERT‘S DUNE). Allerdings wurde das Ergebnis in beiden Fällen mit eher gemischten Gefühlen aufgenommen. Und dann gab es da noch den Versuch von Alejandro Jodorowsky, aus dem Science-Fiction-Stoff das abgedrehteste Filmerlebnis zu schaffen, das es bis dato gegeben hätte. Allerdings ist dieses Vorhaben bereits in der Vorproduktion grandios gescheitert ist. (Näheres dazu gibt es u.a. in dem Video-Essay „Die irre Geschichte des größten Films – den niemand kennt“ des YouTubers David Hain zu erfahren.)
Nun sollte es also noch einmal eine neue filmische Version zu diesem Stoff geben. An dieser Stelle muss ich gestehen, dass mich diese Neuigkeit zunächst eher kalt gelassen hat. Zwar habe ich Frank Herberts Roman nie gelesen und auch David Lynchs Adaption nie gesehen, doch die Mini-Serie ist mir als eher träge Angelegenheit in Erinnerung geblieben.
Als ich jedoch erfuhr, dass der kanadische Filmemacher Denis Villeneuve für den Regieposten verpflichtet wurde, war mein Interesse geweckt. Denis Villeneuve hatte bereits erstklassige Filme wie PRISONERS (2013), SICARIO (2015), ARRIVAL (2016) oder BLADE RUNNER 2049 (2017) abgeliefert. Die Zeichen für ein hervorragendes Science-Fiction-Abenteuer standen also gut.
Ein kleiner Wermutstropfen sollte aber dennoch bleiben. Denis Villeneuves Vorhaben ist es nämlich von Anfang an gewesen einen Zweiteiler zu drehen, um der Geschichte den nötigen Raum zu geben. Das klingt zwar nach einem ehrenwerten Vorhaben, allerdings ist ein zweiter Teil nur dann wahrscheinlich, wenn bei diesem Film das Einspielergebnis stimmt. Und wenn man sich nun vor Augen führt, dass Denis Villeneuves letzter Film BLADE RUNNER 2049 an den Kinokassen gefloppt ist, zusätzlich derzeit immer noch Corona grassiert und sich Warner Bros. im Zuge dessen dazu entschieden hatte, seine Kinofilme 2021 zeitgleich in den Lichtspielhäusern sowie auf dem hauseigenen Streamingdienst HBO Max zu veröffentlichen, dann bleibt die bange Befürchtung, dass DUNE ebenfalls ein finanzieller Flop werden und uns somit ein zweiter Teil verwehrt bleiben könnte.
Immerhin: DUNE ist gar nicht mal so schlecht gestartet. In den Ländern, in denen der Film bereits gestartet ist, konnte er knapp 37 Mio $ einnehmen (Stand: 20.09.2021). Die Einnahmen von dem US-Kinostart stehen allerdings noch aus, jedoch müsste der Film wohl mindestens 400 Mio $ einnehmen, um nicht als Flop zu gelten.

BLOCKBUSTER MIT SUBSTANZ.
Einen zweiten Teil – so viel sei verraten – wird es aber definitiv brauchen, um die Geschichte in voller Gänze zu erzählen. Denn es erfordert Zeit, um in die Welt einzuführen, die hier aufgemacht wird. Wie ist dieses Universum aufgebaut? Wie sind die Strukturen der verschiedenen Zivilisationen beschaffen? Welche Regeln herrschen hier vor? Es gibt so vieles zu entdecken, so vieles zu lernen. Das Ganze in einen einzigen Film zu packen, wäre unmöglich gewesen, ohne dabei wichtige Details wegzulassen und somit der Geschichte ihrer Tiefe zu berauben. Allerdings erscheint es auch fast unmöglich, in einer kurzen Synopsis zu beschreiben, worum es im Film eigentlich geht, ohne zu viel zu verraten. Was mir an dieser Stelle zu DUNE – PART ONE zu sagen bleibt, ist:
Man muss es einfach selbst gesehen haben, denn das, was hier gezeigt wird, ist einfach überwältigend.
Eigentlich ist es schon fast ironisch, dass ich in meiner Review zu DER RAUSCH meine Filmauswahl noch damit begründete, lieber über einen kleineren Film reden zu wollen, als über einen Film der großes Spektakel bietet. Denn augenscheinlich ist DUNE erst einmal genau das: Ein großes, bombastisches Spektakel.
Am ehesten sei wohl dazu geraten, den Film auf einer IMAX-Leinwand zu sehen. Aber selbst wenn das örtliche Kino, in dem der Film ggf. gezeigt werden sollte, keine Leinwand im IMAX-Format zu bieten hat, sollte DUNE im Kino erlebt werden. Weite Landschaften, riesige Raumschiffe, prachtvolle Gebäude – das Bild ist in erster Linie für die große Leinwand geschaffen und nicht für den heimischen Fernseher.
Ebenfalls spektakulär ist nicht nur das, was gezeigt wird, sondern wie es gezeigt wird. In jedem Moment geschieht etwas, das man keinesfalls missen möchte. Das führt unter anderem auch dazu, dass sich die Laufzeit von 155 Minuten gar nicht so lange anfühlt. Viel eher möchte man es gar nicht glauben, wenn der Film nach den knapp zweieinhalb Stunden schon zu Ende ist.
Aber im Grunde ist DUNE dann doch wiederum auch mehr, als nur reines Popcorn-Kino. Hier gilt nämlich nicht die Faustregel: „Hirn aus, Film an.“ Neben den großen Schauwerten hat dieser Film noch mehr zu bieten und zwar etwas, das wohl noch viel entscheidender für einen guten Film sein dürfte: Inhalt.

STAR WARS MEETS GAME OF THRONES
Als Denis Villeneuve darüber sprach, was er mit dem Stoff vor hätte, äußerte er, dass er einen STAR WARS-Film für Erwachsene kreieren wolle. Nun, diese STAR WARS-Vibes sind nicht von der Hand zu weisen. Gerade der erste STAR WARS-Film KRIEG DER STERNE (1977) ist die Erzählung einer Heldenreise in Reinform. Und bei DUNE handelt es sich im Grunde ebenfalls um eine Erzählung einer ganz klassischen Heldenreise, in welcher sich der junge Held Paul Atreidis (Timothée Chalamet) auf einen langen, beschwerlichen Weg begibt, diverse Herausforderungen meistern und daran wachsen muss. Auch das Vorkommen eines Imperators, die monarchistisch anmutenden Machtstrukturen und nicht zuletzt der Wüstenplanet Arrakis selbst erinnern stark an STAR WARS. Vermutlich liegt dies daran, weil sich der STAR WARS-Schöpfer George Lucas offensichtlich selbst sehr stark von Frank Herberts Roman „inspirieren“ ließ.
Aber auch eine gewisse Parallele zu GAME OF THRONES ist nicht von der Hand zu weisen. So geht es um Machtkämpfe zwischen den einzelnen Häusern, um Intrigen und Verrat.
Allerdings weist DUNE nicht nur Parallelen zu fiktiven Werken auf. Auch was ganz reale geopolitische Ereignisse anbelangt, können einige Parallelen gezogen werden. Wenn bspw. eine kriegerische Großmacht in den Lebensraum eines anderen Volkes eindringt, um sich an den dort vorkommenden Rohstoffen zu bereichern, dann geht es ganz offensichtlich um Themen wie Raubbau und Kolonialismus, es werden aber auch Erinnerungen bspw. an den Krieg in Afghanistan wach.

ZU VIEL DES GUTEN?
Im Anbetracht dieser Fülle an Themen sowie der Komplexität der eröffneten Welt, kann durchaus die Frage gestellt werden, ob der Film nicht etwas überfrachtet daherkommt. Und ja, dieser Kritikpunkt erscheint in gewisser Weise berechtigt. DUNE – PART ONE fühlt sich stellenweise wie eine überlange Exposition an. Ehe das Abenteuer richtig begonnen hat, rollt bereits der Abspann über die Leinwand. Fraglich, ob ein zweiter Teil allein überhaupt ausreichen würde, um diese Geschichte zu einem Ende zu führen.
Was ebenfalls stellenweise zu viel erscheint, ist der Score von Hans Zimmer. Nicht nur, dass der Sound unverhältnismäßig abgemischt wurde und die Dialoge zwar in einer normalen Lautstärke abgespielt werden, die Musik hingegen aber dröhnt und donnert, so dass einigen die Ohren schmerzen dürften. Auch hätte man sich hier an der einen oder anderen Stelle ruhig etwas zurücknehmen können. Das bedeutet nicht, dass die Musik an und für sich generell unpassend wäre, aber wenn selbst in ruhigeren Moment der Score aufbraust, dann wäre hier weniger manchmal mehr gewesen.
Doch letztendlich trüben diese Kritikpunkte das Filmerlebnis kaum. Denn dem gegenüber stehen atemberaubende Aufnahmen und beeindruckende visuelle Effekte, ein wahrlich meisterhaftes Schauspiel und eine tiefgründige Story, die so im Blockbuster-Kino selten zu finden ist. Denis Villeneuve hat mit DUNE ein SciFi-Epos geschaffen, das, ebenso wie seine Roman-Vorlage, zu einem absoluten Klassiker werden dürfte.
BOMBASTISCHES ERZÄHLKINO.
OT: DUNE
VÖ: 16.09.2021 (Kinostart)
Land & Jahr: USA, 2021
Regie: Denis Villeneuve
Darsteller:innen: Timothée Chalamet, Rebecca Ferguson, Oscar Isaac, Josh Brolin, Zendaya u.a.
Vertrieb: Warner Bros.
Laufzeit: ca. 155 min
Freigabe: FSK 12
Ein Gedanke zu “DUNE”