Nachdem ich in der Januar-Ausgabe von monthly shorts explizit fast verpasste Filme aus dem Vorjahr nachgeholt und besprochen hatte, habe ich für den Februar wiederum darauf verzichtet, mir spezifische Vorgaben zu setzen. Dementsprechend habe ich einfach die Filme geschaut und besprochen, die mir vor die Augen kamen. Dazu zählen: NIGHTMARE ALLEY, THE KILLING OF A SACRED DEER, AMERICAN ANIMALS, UNKNOWN USER (OT: UNFRIENDED) und NIGHT OF THE LIVING DEAD (1990). Sogar eine Serie war mit dabei: die auf Disney+ erschienene Krimi-Serie ONLY MURDERS IN THE BUILDING.

NIGHTMARE ALLEY
OT: NIGHTMARE ALLEY | Land & Jahr: USA, 2021 | Regie: Guillermo del Toro | Darsteller:innen: Bradley Cooper, Rooney Mara, Cate Blanchett u.a. | Freigabe: FSK 16 | Laufzeit: ca. 150 min | Abo (Stand: 28.02.2022): –
Hereinspaziert! Hereinspaziert!
Nehmen Sie Platz! Machen Sie es sich bequem!
Wagen Sie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Lassen Sie sich von dem visionären Regisseur Guillermo del Toro entführen, in eine Welt voller Schausteller, Gaukler und Hellseher, voller Ganoven, Betrüger sowie allerlei anderer zwielichtiger Gestalten. Steigen Sie hinab in die albtraumhaften Untiefen der menschlichen Psyche. Und erleben Sie eine wahrhaft spannende Geschichte über Ruhm und Reichtum, Macht und Intrigen, oder kurzum: Eine Geschichte über den amerikanischen Traum und dessen finstere Schattenseiten…
Der mysteriöse, aber charismatische Stanton Carlisle (Bradley Cooper) findet Arbeit auf einem Jahrmarkt. Aufgrund seiner guten Auffassungsgabe sowie seines Talents andere Menschen schnell zu durchschauen, arbeitet er sich recht bald von unten nach oben. Doch der Applaus der gemeinen Bevölkerung ist ihm nicht genug. So zieht er mit seiner Geliebten Molly (Rooney Mara) nach New York, um dort als Mentalist auf den ganz großen Bühnen aufzutreten. Doch er bekommt nicht genug. Kaum hat sich der Erfolg eingestellt, lässt sich Stanton auf ein gefährliches Spiel ein, welches er erst durchschaut, als es droht schon fast zu spät zu sein.
Nachdem uns Guillermo del Toro bereits mit Filmen wie PAN‘S LABYRINTH (2006), CRIMSON PEEK (2015) und THE SHAPE OF WATER (2017) in historische Gewänder gehüllte und mit fantastischen Elementen versehene Schauergeschichten erzählt hat, tut er nun selbiges mit NIGHTMARE ALLEY. Es scheint also, als hätte er das für sich passende Metier gefunden.
So ist es auch kaum verwunderlich, dass es del Toro in Handumdrehen gelingt, die passende Atmosphäre zu erzeugen. Das verspielte Set-Design sowie das liebevolle Masken- und Kostümbild transportieren das Publikum sofort in die USA Ende der 1930er, Anfang der 1940er Jahre. Die kalten Farben und das kontrastreiche Bild vermitteln gleich von Beginn an ein Gefühl des Unbehagens, was durch das ausgeprägte Spiel mit Licht und Schatten sowie durch die sehr passend ausgewählte Musik noch einmal zusätzlich verstärkt wird.
Ebenso großartig wie die audio-visuelle Ausgestaltung des Films ist das Schauspiel. Aber auch das ist kaum verwunderlich, wurden doch bis zur kleinsten Nebenrolle fast alle Figuren mit namhaften Darsteller:innen besetzt, darunter Rooney Mara, Cate Blanchett, Toni Collette, Willem Dafoe und Ron Perlman, um nur einige zu nennen. Doch all diese Namen werden angeführt von Bradley Cooper, der hier als Hauptdarsteller vom flamboyanten Einstieg bis hin zum tragischen Finale eine wirklich preisverdächtige Leistung abliefert.
Und dennoch, trotz all der positiven Aspekte, fehlt dem Film das letzte Fünkchen. So mag Stanton Carlisle als Identifikationsfigur nicht so recht funktionieren. Er ist zwar sehr ambivalent gezeichnet, was ihn zu einem durchaus interessanten Protagonisten macht. Aber gleichzeitig weist er Charakterzüge auf, die es durchaus erschweren können so etwas wie Sympathie für ihn zu empfinden und mit ihm mitzufiebern.
Ein ähnliches Problem besteht leider auch bei den meisten Nebenfiguren. Denn sie sind im Grunde zwar ebenfalls interessant gezeichnet, aber auch bei ihnen kann sich das Gefühl einstellen, als würde man sie nie so richtig kennenlernen, als bekomme man sie nie so ganz zu fassen. Ihre Motivationen scheinen daher manchmal etwas unklar zu sein. Und dass einige Erzählstränge gegen Ende einfach fallen gelassen werden, wodurch der Film selbst nicht ganz auserzählt wirkt, trägt noch zusätzlich zu diesem Gefühl bei.
Man könnte meinen, NIGHTMARE ALLEY zeige uns nicht nur Zaubertricks. Es scheint, NIGHTMARE ALLEY sei fast selbst wie ein Zaubertrick. Dem Publikum wird zwar die Magie, das Mysterium präsentiert. Aber am Ende sieht es eben nur das, was es sehen soll. Alles andere muss es sich im Nachhinein selbst zusammenreimen.
Hinzu kommt, dass der Film sich gerade zu Beginn recht viel Zeit nimmt, um die Welt und die darin agierenden Figuren vorzustellen. Dadurch, dass man aber das Gefühl bekommt, gerade die Figuren nie so wirklich kennenzulernen, kann sich im weiteren Verlauf die eine oder andere Länge einschleichen. Etwas weniger Budenzauber und Taschenspielertricks, dafür etwas mehr Substanz hätte dem Film sicherlich gut getan.
Und dennoch: NIGHTMARE ALLEY ist ein Film gewordener Albtraum, der sich durchas lohnt, auf der großen Leinwand gesehen zu werden – gerade für Fans von del Toros bisherigen Werken.

BEWERTUNG
Letterboxd: 3,5 von 5
Moviepilot: 7 von 10 (Sehenswert)

THE KILLING OF A SACRED DEER
OT: THE KILLING OF A SACRED DEER | Land & Jahr: IRL, UK 2017 | Regie: Yorgos Lanthimos | Darsteller:innen: Colin Farrell, Barry Keoghan, Nicole Kidman u.a. | Freigabe: FSK 16 | Laufzeit: ca. 121 min | Abo (Stand: 28.02.2022): ARTHOUSE CNMA
Irgendetwas fühlt sich merkwürdig an, fühlt sich falsch an. Ein Gefühl von Beklemmung macht sich breit. Unbehagen. Ganz so, als befände man sich im falschen Film.
Wir beobachten skurrile Figuren, wie sie mit anderen skurrilen Figuren in Interaktion treten und aneinander vorbeispielen, wie sie in künstlich überzeichneten Dialogen zueinander, aber nicht miteinander reden. Wir sind das Publikum, das durch die oft erhöhte Kamera von oben auf die Szenerie blickt. Und von hier oben aus schauen wir den skurrilen Figuren dabei zu, wie sie, zu Emotionen kaum imstande, stets die Kontrolle über die Situation bewahren wollen, wie sie nach Erklärungen für das Unbeschreibliche, das Unaussprechliche suchen, und wie sie daran verzweifeln und die Fassung verlieren. Wir blicken buchstäblich in menschliche Abgründe.
Und doch, obwohl wir den Überblick zu haben scheinen, wird auch die Bedrohung für uns nie ganz greifbar. Es ist nicht irgendein personifiziertes Monster, das mit seinen grauenhaften Taten für Anspannung beim Publikum sorgt. Denn es gibt kein Monster. Es gibt nur das Monster im Menschen. Eine schauerliche Erkenntnis.
THE KILLING OF A SACRED DEER ist ein weirder, klinisch steriler Psychothriller mit künstlerischem Anspruch, dessen unnatürlich unmenschliche Künstlichkeit zwar eine stärkere, emotionale Verbindung zu den Figuren verhindert, welche uns aber gleichzeitig ein so unbehagliches Gefühl bereitet, dass es kaum auszuhalten ist.

BEWERTUNG
Letterboxd: 4 von 5
Moviepilot: 8 von 10 (Ausgezeichnet)

AMERICAN ANIMALS
OT: AMERICAN ANIMALS | Land & Jahr: UK, USA 2018 | Regie: Bart Layton | Darsteller:innen: Evan Peters, Barry Keoghan u.a. | Freigabe: FSK 12 | Laufzeit: ca. 116 min | Abo (Stand: 28.02.2022): –
Vier Studenten der Transylvania University in Lexington, Kentucky, planen einen spektakulären Raub. Aus der Bibliothek ihrer Universität wollen sie historische Bücher im Wert von mehreren Millionen Dollar entwenden. Das Wissen darüber, wie ein solcher Coup durchzuziehen ist, haben sie aus Spielfilmen. Und tatsächlich, trotz kleinerer Rückschläge scheint ihr Plan zunächst aufzugehen. Doch bald müssen die Vier feststellen, dass die Realität nicht nach den Regeln eines Heist-Movies spielt und dass ihre Entscheidungen schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.
„This is not based on a true story. This is a true story.“ Mit diesen selbstbewussten Worten werden zu Beginn des Films die nachfolgenden Geschehnisse eingeläutet, die sich, so unglaublich das Ganze auch klingen mag, so (oder so ähnlich) tatsächlich im Jahr 2004 zugetragen haben (sollen). Die Ironie dabei: Haben sich die vier Studenten für ihren Plan noch selbst von der Filmwelt inspirieren lassen, so diente nun wiederum ihre Tat als Inspiration für diesen Film.
Für die filmische Umsetzung dieser Geschichte hat sich Drehbuchautor und Regisseur Bart Layton nicht nur seine Erfahrungen als Dokumentarfilmer zu nutze gemacht, er hat in AMERICAN ANIMALS auch gleich eine Brücke zwischen Dokumentation und Spielfilm geschlagen. Während die Ereignisse von der Planung bis hin zur Umsetzung mit Schauspieler:innen in feinster Spielfilm-Manier nachgestellt und nacherzählt werden, sind zwischen diesen Szenen immer wieder Interview-Sequenzen mit den realen Personen zu finden, welche das Gezeigte wiederum kommentieren und einordnen. Dieses Stilmittel ist zwar nicht gänzlich neu, sorgt aber dafür, dass man als Zuschauer:in stets an den wahren Hintergrund dieser Story erinnert wird und das Gezeigte hierdurch authentisch bleibt. An einigen Stellen tauchen die realen Personen sogar kurz selbst in den Spielfilmszenen auf, ohne jedoch die Handlung aktiv zu beeinflussen.
Spannend wird es vor allen Dingen dann, wenn die Erinnerungen der echten Personen auseinandergehen. So gibt es etwa eine Szene, in der sich zwei von ihnen an ein Gespräch zurückerinnern, welches sie geführt haben. Ihre Versionen unterscheiden sich allerdings grundlegend voneinander. Während der eine schildert, dass sie auf einer Party waren, meint der andere sich daran zu erinnern, dass sie das Gespräch während einer Autofahrt geführt hätten. Diese Diskrepanz hat der Regisseur aufgegriffen und schneidet immer wieder zwischen beiden Szenerien hin und her, während das Gespräch zwischen den Figuren jedoch inhaltlich nahtlos fortgeführt wird. Kreative Einfälle dieser Art gibt es an einigen Stellen des Films.
Die Verwebung von Dokumentar- und Spielfilm hilft allerdings auch dabei, sich auf emotionaler Ebene besser mit den Protagonisten zu verbinden, wenn etwa die realen Personen in den Interviewsequenzen geläutert und mit einer gewissen Reue auf ihre damaligen Taten zurückblicken.
Mit seinem Dokumentar-Spielfilm-Hybriden ist Bart Layton ein äußerst beachtlicher True-Crime-Heist-Movie gelungen. Vom Cast über die visuelle Ausgestaltung bis hin zur Musik – hier stimmt einfach alles. AMERICAN ANIMALS ist von der ersten bis zur letzten Minute spannend sowie (vor allen Dingen im finalen Akt) absolut eindringlich. Es bleibt also interessant zu beobachten, was der Filmemacher in Zukunft noch abliefern wird.

BEWERTUNG
Letterboxd: 4,5 von 5
Moviepilot: 9 von 10 (Herausragend)

ONLY MURDERS IN THE BUILDING
OT: ONLY MURDERS IN THE BUILDING | Land & Jahr: USA 2021 | Regie: Jamie Babbit, Gillian Robespierre, Don Scardino, Cherien Dabis | Darsteller:innen: Steve Martin, Martin Short, Selena Gomez u.a. | Freigabe: ab 12 Jahren | Laufzeit: 10 Folgen à ca. 26-35 min | Abo (Stand: 28.02.2022): Disney+
Es hatte zugegeben etwas gedauert, bis ich das Konzept des Erzähl-Formates „Podcast“ nicht nur verstehen, sondern auch für mich persönlich annehmen konnte. Aber irgendwann ist der Groschen bei mir gefallen und seitdem höre ich fast täglich diverse Podcasts. Nur mit einer bestimmten Kategorie bin ich bislang noch nicht warm geworden: dem True Crime-Podcast.
Umso erstaunlicher ist es für mich daher, dass ich der auf Disney+ erschienen Krimi-Serie ONLY MUDERS IN THE BUILDING etwas abgewinnen konnte. Denn auf dem ersten Blick scheint die Serie nichts anderes zu sein, als der filmgewordene True Crime-Podcast. Doch sie hat es geschafft, mich mit ihrem Charme, den quirky Charakteren und einer nicht gerade unspannenden Kriminalgeschichte in den Bann zu ziehen.
Dabei wäre selbst die ursprüngliche Idee, die Steve Martin – Hauptdarsteller, Ideengeber und Produzent – für etwa zehn Jahre mit sich herumgetragen hatte, ein richtiger Knaller gewesen: Drei ergraute Herrschaften sind durch eine gemeinsame Leidenschaft miteinander verbunden – dem Lösen von Verbrechen. Da sie aber inzwischen zu alt sind, um sich nach draußen zu begeben, konzentrieren sie sich stattdessen auf Verbrechen, die in dem Apartment-Gebäude stattfinden, in dem die drei leben. Für die Serienumsetzung wurde nun einer dieser älteren Männer durch eine junge Frau ausgetauscht und die Idee durch die naheliegende True Crime-Podcast-Komponente ergänzt.
Es ist ein Mord geschehen. Ein junger Mann wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Erschossen. Die Polizei vermutet einen Selbstmord. Doch den drei True Crime-Podcast-Fans Charles (Steve Martin), Oliver (Martin Short) und Mable (Selena Gomez) kommt schnell der Verdacht, dass es sich in Wahrheit um einen Mord handeln könnte. Zwar kennen sich die drei erst seit jener Mordnacht, aber dennoch beginnen sie gemeinsam zu ermitteln. Und nach und nach kommt das ungleiche Trio der Wahrheit auf die Spur.
Die Geschichte, die ONLY IN MURDERS IN THE BUILDING erzählt ist weder neu noch bahnbrechend. Vieles fühlt sich vertraut an und die Haken, die geschlagen werden, folgen ebenfalls einem altbekannten Muster. Das bedeutet zwar nicht, dass die Handlung allzu vorhersehbar ist, aber wenn man bereits einige Krimis und Krimiserien geschaut hat, dann könnte man zumindest ein kleines Bauchgefühl bekommen, wenn es um die Frage geht, ob ein Mord stattgefunden hat oder nicht, und wenn ja, wer denn der:die Mörder:in sein könnte.
Aber nichtsdestotrotz wissen die Serienschöpfer:innen stets genau, welche Knöpfe sie drücken müssen, damit das Publikum am Ball bleibt. Das liegt zum einen an den drei Hauptfiguren, zwischen denen relativ schnell eine gewisse Chemie entsteht und mit denen man als Zuschauer:in gerne mitermittelt. Auch wird immer wieder eine Prise Humor eingestreut und teilweise bekommt das Ganze sogar parodistische Züge, ohne jedoch zu sehr in Klamauk auszuarten, so dass sich Witz und Spannung hier stets die Waage halten.
Was aber am beeindruckendsten ist, sind die kreativen Einfälle, wie die Geschichte erzählt wird. So gibt es etwa eine Folge, die wie ein Casting für ein Theaterstück aufgezogen ist oder – und dies ist mein persönliches Highlight – eine Folge, in der größtenteils aus der Sicht einer tauben Figur erzählt wird.
Alles in allem merkt man, wie durchdacht die Serie ist und wie viel Herzblut in ihr steckt. Diese Leidenschaft transportiert sich auch auf das Kriminalgeschichten liebende Publikum – selbst auf diejenigen, die, wie ich, mit True Crime-Podcasts nicht viel anfangen können.

BEWERTUNG
Moviepilot: 8 von 10 (Ausgezeichnet)

UNKNOWN USER
OT: UNFRIENDED | Land & Jahr: USA 2014 | Regie: Lewan Gabriadze | Darsteller:innen: Shelley Henning, Moses Storm u.a. | Freigabe: FSK 16 | Laufzeit: ca. 83 min | Abo (Stand: 28.02.2022): Netflix
Die Teenagerin Blaire (Shelley Henning) skyped mit ihrem Freund Mitch (Moses Storm). Wenig später schließen sich diesem Gespräch noch weitere ihrer Freund:innen an. Mit dabei ist aber auch eine unbekannte Person. Vergeblich unternimmt die Gruppe mehrere Versuche, die unbekannte Person abzuschütteln. Doch es gelingt ihnen nicht. Wurden sie gehackt? Oder handelt es sich um einen Virus? Bald gibt die unbekannte Person zu erkennen, was sie will – und das ist Vergeltung.
Das ganze Geschehen verfolgen wir über Blaires Bildschirm. Wir sehen den Skype-Call, die Chat-Rooms, die geöffneten Tabs in ihrem Browser. Wir sehen, wie sie immer wieder zwischen den verschiedenen geöffneten Fenstern hin- und herklickt. Damit ist UNKNOWN USER (OT: UNFRIENDED) dem sogenannten Screenlife- oder auch Desktop-Film zuzuordnen, einer Unterkategorie des Found-Footage-Films.
Tatsächlich sind Aufmache und Prämisse von UNKNOWN USER gar nicht mal so uninteressant. Und eigentlich weiß dieser kleine Horrorfilm über den Großteil seiner (recht kurzen) Laufzeit auch ganz gut zu unterhalten. Doch im Verlauf nutzt sich das Prinzip doch ein wenig ab und es wird zuweilen gar anstrengend den Überblick zu behalten. Eins steht jedenfalls fest: Wer die eigene Benutzeroberfläche gerne aufgeräumt hält und wem es bereits einen Schauer über den Rücken jagd, wenn mehrere Tabs und Anwendungen gleichzeitig geöffnet sind, der oder die bekommt hier mit absoluter Gewissheit das Fürchten. Denn was das betrifft, ist dieser Film wirklich nichts für schwache Nerven. Auch ist es irgendwann schlichtweg anstrengend, wenn die Figuren aufgrund der Geschehnisse die Fassung verlieren und sich gegenseitig bald nur noch anschreien.
Auf der anderen Seite wirkt der Film dadurch irgendwie auch authentisch. Im Gegensatz zu anderen Teenie-Horrorfilmen hat man hier nicht unbedingt das Gefühl, dass irgendwelche 08-15-Charaktere durch die Gegend stapfen und von einem:einer Killer:in gemeuchelt werden. Viel eher hat es den Anschein, als würde man tatsächlich ein paar Teenager:innen dabei zusehen, wie sie die Beherrschung verlieren und durchdrehen. Zumindest solange, bis der Film den Bogen dann doch überspannt und die Story gegen Ende immer absurdere Züge annimmt. Ohnehin ist die Auflösung das größte Problem des Films und es bleiben gewiss einige Fragen – vor allen Dingen die Logik betreffend – offen.
In jedem Falle sollten die eigenen Erwartungen an diesen Film nicht allzu hoch angesetzt werden. Ist man aber dazu in der Lage, hie und da ein Auge zuzudrücken und über die eine oder andere Ungereimtheit hinwegzusehen, dann bekommt man hier immerhin kurzweilige Grusel-Unterhaltung für Zwischendurch geboten.

BEWERTUNG
Letterboxd: 3 von 5
Moviepilot: 6 von 10 (Ganz gut)

NIGHT OF THE LIVING DEAD
OT: NIGHT OF THE LIVING DEAD | Land & Jahr: USA 1990 | Regie: Tom Savini | Darsteller:innen: Patricia Tallman, Tony Todd u.a. | Freigabe: FSK 18 | Laufzeit: ca. 92 min | Abo (Stand: 28.02.2022): –
Nachdem George A. Romero im Jahr 1968 mit NIGHT OF THE LIVING DEAD das Zombie-Genre revolutioniert und gleichzeitig Filmgeschichte geschrieben hatte, erschien 1990, also knapp 32 Jahre später, ein Remake des Klassikers. Die Regie übernahm dieses Mal Tom Savini, Maskenbildner und Special Effects-Experte sowie ein langjähriger Weggefährte Romeros.
In Deutschland folgte jedoch schnell die Indizierung und Beschlagnahme des Streifens. Erst 2020 wurde die Beschlagnahme aufgehoben und NIGHT OF THE LIVING DEAD (1990) zusätzlich vom Index gestrichen. Seit 2021 ist der Film in der ungeschnittenen Fassung ab 18 Jahren freigegeben.
Dabei ist Tom Savinis NIGHT OF THE LIVING DEAD weit davon entfernt ein ebensolches Gore-Fest zu sein, wie beispielsweise George A. Romeros DAWN OF THE DEAD (1978) oder DAY OF THE DEAD (1985), für die Savini selbst einst die blutigen Spezialeffekte angefertigt hatte. Was den Gewaltgrad angeht, orientiert sich das Remake viel eher am Original, welches im Gegensatz zu den beiden genannten Nachfolgern noch relativ blutleer daherkommt. Doch nicht nur im Bezug auf die explizite Gewaltdarstellung, auch in anderen Belangen ähnelt dieser Streifen sehr dem Original, angefangen natürlich bei der Handlung:
Barbara (Patricia Tallman) und Ben (Tony Todd) sowie einige andere finden Unterschlupf in einem Farmhaus. Was sie allesamt eint, ist, dass sie von Unbekannten scheinbar völlig grundlos und aus dem Nichts angegriffen wurden. Bald findet die kleine Gemeinschaft jedoch heraus, dass die Angreifer keine normalen Menschen mehr sind, sondern dass es sich dabei um Untote handeln soll. Offenbar scheinen die Toten wieder auferstanden zu sein, um nach dem Fleisch der Lebenden zu trachten. Vor dem Farmhaus versammeln sich immer mehr von den Untoten, so dass dieses Versteck bald nicht mehr sicher ist. Doch die Gefahr lauert nicht nur draußen vor der Tür. Innerhalb der kleinen Gruppe kommt es immer wieder zu Konflikten, welche nach und nach immer mehr drohen zu eskalieren. Und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Natur des Menschen ihr wahres Gesicht zeigt…
Soweit scheint also erst einmal alles beim Alten zu sein. Und auch ansonsten ist hier vieles recht ähnlich im Vergleich zum Original. Da es sich bei Tom Savinis NIGHT OF THE LIVING DEAD jedoch nicht um eine simple 1:1-Kopie handelt, sind dann doch ein paar Unterschiede auszumachen.
So wurde hier beispielsweise etwas mehr Wert auf Action und Spannung gelegt. Sämtliche Passagen, die Romeros Original damals noch das Tempo nahmen, wurden konsequent herausgestrichen. Soll heißen: Mit umständlichen, viel zu langwierigen Erklärungen wird sich hier gar nicht erst aufgehalten. Dadurch ist das Remake zwar um einiges kurzweiliger geraten, allerdings lässt es dadurch auch etwas an Tiefgang vermissen.
George A. Romeros Werk zeichnete sich einst durch seine bissigen, gesellschaftskritischen Kommentare aus. Er äußerte sich kritisch gegenüber Medien, Rassismus wurde (wenn auch eher zufällig) thematisiert und auch das unfähige Militär sowie die Wissenschaft bekamen ihr Fett weg. All das wurde in Savinis Version aber weitestgehend heruntergefahren und auf einen gemeinsamen Nenner eingedampft, welcher da lautet: „Der Mensch ist dem Menschen sein Wolf.“
Die einzige Ausnahme bildet hier die Darstellung der Frau. Denn im Gegensatz zum Original ist die Figur der Barbara nun wesentlich stärker und eigenständiger. Sie macht eine echte Entwicklung durch und stellt sich selbstbewusst den Entscheidungen der Männer entgegen. Dies kann gewiss auch als selbstkritische Reflexion interpretiert werden, hat Romero beim Remake nicht nur als Produzent mitgewirkt, sondern erneut auch das Drehbuch beigesteuert.
Abgesehen davon liegt der Fokus beim 1990er NIGHT OF THE LIVING DEAD aber klar auf der Unterhaltung – und die bekommt man hier allemal geboten. Sicherlich, der Film atmet die Luft seiner Zeit und wirkt dadurch heutzutage mitunter vielleicht etwas „trashig“. Und auch im direkten Vergleich mit dem Original würde dieser Film definitiv den Kürzeren ziehen. Doch abgesehen davon ist Tom Savini ein recht solider Zombie-Streifen gelungen, der immer noch zu den besseren Vertretern des Genres zählen dürfte.

BEWERTUNG
Letterboxd: 3,5 von 5
Moviepilot: 7 von 10 (Sehenswert)